IM LEBEN GEHT ES NICHT DARUM ABZUWARTEN, DASS DAS UNWETTER VORBEIZIEHT, SONDERN ZU LERNEN, IM REGEN ZU TANZEN! 

Gerne möchte ich euch meine Geschichte erzählen und vielleicht anderen damit Mut machen.
Ich bin 32 Jahre alt und habe Anfang 2015 einen Knoten in meiner Brust festgestellt. 2 Gynäkologen haben meine Brust abgetastet und einen Ultraschall durchgeführt und mir versichert, dass es wohl nur ein Fibroadenom ist (Fibroadenom ist der häufigste aller gutartigen Tumore in der Brust). Da es mich doch gestört hat, habe ich beschlossen, den Knoten entfernen zu lassen. Das hat noch einige Bürokratie in Anspruch genommen, da es ja eigentlich nur ein kosmetisches Problem war. Da immer von etwas Harmlosen gesprochen wurde, habe ich den Termin für die Entfernung natürlich auch so gelegt, dass er privat und arbeitstechnisch optimal war. Im Dezember 2015 folgte die OP. Direkt nach der OP meinte meine Gynäkologin, dass sie sich nicht mehr so sicher ist, ob mein Fibroadenom harmlos ist. Für mich war das aber völlig abwegig. Ich habe selbst einen medizinischen Beruf erlernt und niemals darüber nachgedacht, dass es mich treffen könnte. Im November hatte ich noch meine Patentante durch Lungenkrebs verloren, aber sowas kann doch mir nicht passieren.

„Ok, dann ist das so, damit muss ich jetzt leben.“

Am 17.12.2015 kam dann die Diagnose – ich habe so ziemlich die aggressivste Form des Brustkrebses die es gibt. Was sollte ich sagen?! Frohe Weihnachten! Man hat mir direkt gesagt, dass gleich die nächste OP kommt und ich ohne Chemo und Bestrahlung nicht davonkommen werde. Da kurz nach der Diagnose Weihnachten kam, musste ich erstmal bis Anfang Januar ausharren, bis das Prozedere losgehen konnte. Ich entschied mich dazu, niemandem außer meinem Freund und meinem Chef davon zu erzählen. Reichte ja, wenn mein Weihnachten versaut ist und machen kann eh keiner etwas. Außerdem wollte ich erst Klarheit haben, wie es weitergeht. Direkt nach der Diagnose habe ich Rotz und Wasser geheult, aber dann war ganz schnell der Punkt erreicht, wo ich mir gesagt habe: „ok, dann ist das so, damit muss ich jetzt leben.“

Damals war ich gerade knapp ein Jahr mit meinen Freund zusammen. Ich war mir anfangs nicht sicher, ob das die frische Beziehung aushält. Am Schwersten ist es mir gefallen, es meinen Eltern zu sagen. Meine Mutter hatte erst ihre Schwester durch Krebs verloren und mein Vater hat es selbst schon 2x durchgemacht. Im neuen Jahr kam dann aber der Punkt, wo ich alle informiert habe. Es folgten zwei OPs mit Abnahme der Brust, da das Ganze schon zu weit fortgeschritten war.

Er wurde Günther genannt.

Ich hatte für mich beschlossen, dass ich das Programm jetzt einfach durchziehe und das Kapitel abschließen werde. Da der Krebs ab da zu mir gehörte, hat es mich genervt, immer von „dem Krebs“ zu sprechen. Also hat er einen Namen bekommen. Er wurde Günther genannt. Warum Günther? Keine Ahnung, aber es passte irgendwie. Günther wird mich ja doch irgendwie mein ganzes Leben begleiten und prägen, auch wenn der Übeltäter an sich entfernt wurde.
Ich war immer schon ein sarkastischer Mensch und habe auch über Günther meine Witze gemacht. Damit können natürlich nicht alle Menschen umgehen. Aber ich habe mir gesagt: „Hey, was bringt es, sich in eine Ecke zu setzen und zu heulen?! Damit ist ja keinem geholfen.“
Nach den OPs ging es los mit der Chemotherapie, da kam für mich nochmal ein harter Punkt, als es an meine Haare ging. Sie waren lang – bis zum Hintern haben sie gereicht. Ich hatte immer gesagt, ich lasse sie solange wachsen, bis ich mal heirate. Als mein Freund mir dann einen Heiratsantrag machte, war für mich klar, dass das jetzt schnell gehen muss. Denn ich wollte mit Haaren heiraten. Zwei Wochen später war standesamtliche Hochzeit. Vier Tage vor der Hochzeit hatte ich den ersten Büschel Haare in der Hand. Kurze Panik, aber sie haben gehalten bis einen Tag nach der Hochzeit – danach war nichts mehr zu machen – alle weg.

Ein schönes Gesicht braucht Platz und auch eine Glatze stand mir gut

Aber siehe da, ein schönes Gesicht braucht Platz und auch eine Glatze stand mir gut. Da danke ich auch meinen Arbeitskollegen, die da so herrlich unkompliziert waren und mich nicht mitleidig angeschaut, sondern mit mir Witze drüber gemacht haben. Für mich war auch von Anfang an klar, dass ich keine Perücke möchte, denn das wäre nicht ich gewesen.
Mein Krankenpfleger bei der Chemo hat mich immer gerügt, weil ich nicht eingesehen habe, dass ich gewisse Dinge nicht machen und ruhiger werden soll. Bis auf die Tage an denen ich meine Chemotherapie hatte und die 1 – 3 Tage danach, habe ich absolut nichts geändert. Ich bin arbeiten gegangen und ich bin auf Partys gegangen. Alle anderen haben immer eine Krise bekommen, weil ich ja krank bin und auf mein Immunsystem achten sollte. Das war für mich immer Blabla, weil ich mich nicht wirklich krank gefühlt habe. Ja, ich musste dennoch zwischendurch ausgebremst werden, weil meine Leukozyten ( oder auch weiße Blutzellen – diese haben spezielle Funktionen in der Abwehr von Krankheitserregern und gehören zum Immunsystem) quasi nicht mehr vorhanden waren.
Ich bin immer offen damit umgegangen. Nur von der mitleidigen Frage: „Na, wie geht es dir?“ war ich tierisch genervt. Meine Antwort war immer: „Mir geht es gut“. Und das war die Wahrheit. Ich hatte immer vor Augen, wie es anderen Krebspatienten geht und im Verhältnis dazu war ich quasi kerngesund.
Meine Onkologin hat auch gesagt, die persönliche Einstellung zur Therapie trägt auch viel dazu bei, wie man sie verträgt.
Gut, ich war mit Sicherheit auch die einzige Patientin, die sich Burger reingehauen hat, während die Chemo reingelaufen ist.
Nach der Chemo folgten 7,5 Wochen Bestrahlung. Das hat mich psychisch tatsächlich kurz an meine Grenze gebracht.  Jeden Tag die gleiche Zeit, die gleichen Leute, der gleiche Ablauf, das gleiche Fernsehprogramm im Warteraum. Das war einfach große Scheiße und nervig ohne Ende. Aber auch das ging vorbei.
Auch wenn ich (meines Erachtens) echt hart im Nehmen bin, wäre es bestimmt nicht so gelaufen, hätte ich nicht meinen Mann, meine Familie, meine Freunde und Kollegen gehabt.

Attacke Mädels und nicht unterkriegen lassen!

Vom Muddy Angel Run habe ich das erste Mal auf Facebook gelesen. Sofort wusste ich, dass das etwas für mich wäre und habe es meiner Freundin vorgeschlagen. Ruck zuck waren wir zu sechst. Mit der Anmeldung zum Muddy Angel Run habe ich auch meinen Weg zum Sport gefunden.
Wir waren eine sehr gemischte Gruppe bei dem Lauf – alle mit unterschiedlicher Kondition – und wir alle haben es ins Ziel geschafft. Nicht nur das, wir hatten auch einen riesen Spaß. Für mich war der Lauf nochmal ein Ziel, auf das ich hingearbeitet habe und jetzt freut sich das Team Günther auf den Muddy Angel Run 2018!
Also Mädels, sollte euch auch ein Günther treffen, dann sagt euch einfach immer: so dumm wie ich es brauche, kannst du es mir nicht machen.
Mein Motto:
Im Leben geht es nicht darum abzuwarten, dass das Unwetter vorbeizieht, sondern zu lernen, im Regen zu tanzen!

Attacke Mädels und nicht unterkriegen lassen!

Eva